Wie deutsche Unternehmen in Asien ihre Fachkräfte sichern

Wie gehen deutsche und asiatische Unternehmen damit um, dass trotz eines riesigen „Talente-Pools“ junger Menschen in Asien in vielen Bereichen ein Mangel an adäquat ausgebildeten Fachkräften besteht? Auf der Konferenz „Talent Pool Asia – Training and Retention of the Next Generation", organisiert durch den OAV und die Handelskammer Hamburg, ging man dieser Frage nach.

 

Deutsche und asiatische Unternehmensvertreter diskutierten unter Leitung von Bernhard Bartsch von der Bertelsmann Stiftung in zwei Podiumsdiskussionen, welche Herausforderungen bei der Integration asiatischer Berufsanfänger in den Betrieb bestehen, und wie ein aktives Diversity Management dazu beitragen kann, Mitarbeiter zu entwickeln und zu binden. Staatssekretär Uwe Beckmeyer hielt den Einführungsvortrag.

Es diskutierten Nirmali Samaratunga (Mackwoods Ltd., Sri Lanka), Dr. Susanne Franke (Don Bosco Mondo e.V.), Constantin Robertz (Zalora Philippines), Michael Roos (NXP Semiconductors Germany GmbH), Marda Saturno (HeidelbergCement), Antonio Schulthess (Lufthansa Technik AG), Clas Neumann (SAP SE) und Michael Mager (Grohe AG).

Fehlender Praxisbezug in der Ausbildung, geringer Stellenwert nicht-akademischer Bildungswege, hohe Mitarbeiterfluktuation – wer sich mit Fachkräftesicherung im Ausland beschäftigt, wird all diese Probleme kennen. Die Einbindung von Unternehmen in Aus- und Weiterbildungsstrukturen ist in vielen Ländern Asiens eine Schwachstelle. Zwischen staatlichen Curricula und den tatsächlichen Anforderungen in den Unternehmen klafft oftmals eine große Lücke. Dort, wo die Zusammenar -
beit von Privatwirtschaft, staatlichen Bildungsträgern und Kammerorganisationen weniger reibungslos funktioniert als in Deutschland, nehmen häufig zivilgesellschaft -
liche Organisationen eine wichtige Brückenfunktion ein.

Dabei ist die Schaffung von Arbeitsplätzen für die große Anzahl von Jugendlichen, die in den zumeist jungen Bevölkerungen Asiens jedes Jahr auf den Arbeitsmarkt drängen, eine der wichtigsten Aufgaben, die Regierungen und privat investierte Unternehmen gemeinsam zu lösen haben. Viele asiatische Unternehmen haben ihre Rolle für die Zukunft der Jugend und damit für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung in ihren Ländern bereits erkannt und angenommen und starten eigene Initiativen zur Ausbildung junger Menschen, auch über den eigenen Fachkräftebedarf hinaus.

Auch deutsche Unternehmen schaffen mit ihren Tochterunternehmen in Asien Arbeitsplätze und tragen durch ihre Ausbildungsinitiativen dazu bei, dem Fachkräfte -
mangel zu begegnen. Für viele von ihnen besteht die erste Hürde darin, die richtigen Kandidaten für einen Job zu finden.

Erfolgsschlüssel "Employer Branding"?

Gerade deutsche Mittelständler leiden häufig unter der Unbekanntheit ihrer Unternehmen im Vergleich zur großen internationalen und auch einheimischen Konkur -
renz. „Employer Branding“ ist daher ein wichtiger strategischer Schritt zur Gewinnung junger Fachkräfte. Die gezielte Anwerbung von Berufsanfängern in den Hochschulen gehört zum Standardrepertoire vieler Unternehmen. Sind die Kandidaten identifiziert und eingestellt, so werden schnell die Reibungspunkte zwischen kulturellen Prägungen und den Erfordernissen des Jobs deutlich. Asiatischen Berufseinsteigern fällt es oft schwer, Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigenen Ideen zu entwickeln und sich aktiv einzubringen. Vorgesetzte werden nicht in Frage gestellt. Beides ist jedoch insbesondere in dynamischen Branchen wie dem Online-Handel oder der Software-Entwicklung gefragt.

Einige Firmen fahren daher mehrmonatige Einstiegs-Programme, in dem Neueinsteigern die Anforderungen an den Job und die Unternehmenskultur nahegebracht werden. Der Austausch und die Weiterbildung über Hierarchieund Generationsebenen hinweg sind wichtiger Bestandteil der firmeninternen Mitarbeiterentwicklung. Erfolgreiche Unternehmen passen sich den Bedürfnissen der Mitarbeiter an, beispielsweise mit Englischkursen, da der Aufstieg in das mittlere und höhere Management ohne solides Englisch in der Regel unmöglich ist. Viele Unternehmen betreiben Mitarbeiterbindung vor allem über finanzielle Anreize.

Dies greift allerdings häufig zu kurz: Wer für Geld bleibt, geht auch für Geld. Eine gezielte Personalentwicklung, die Vermittlung von Anerkennung und Sichtbarkeit individueller Leistung für das Unternehmen sind ebenso wichtig. Ein wichtiges Instrument kann hier der Aufbau von Führungsnachwuchs sein. Loyalität wächst in beide Richtungen – vom Mitarbeiter zum Unternehmen und vom Unternehmen zum Mitarbeiter. Gerade in Asien, einem Kontinent, auf dem die verschiedensten Religionen zuhause sind, und dessen Länder von starker kultureller und ethnischer Vielfalt geprägt sind, sind Flexibilität in Prozessen und ein aktives Management von Vielfalt gefordert. Ob es um die Unterbrechung einer Konferenz für das Gebet oder die Einbindung von Familien in Karriereentscheidungen geht – Unternehmen, die die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter berücksichtigen, müssen das höhere Gehalt bei der Konkurrenz weniger fürchten.

 

 

 

 

 

 

Dr. Doris Hillger

Dr. Doris Hillger, Handelskammer Hamburg