Thailand nach dem Tod König Bhumibols

18.10.2016

Der Tod von König Bhumibol Adulyadej am 13. Oktober 2016 stellt eine Zäsur in der Geschichte des modernen Thailand dar. Seit seiner Thronbesteigung im Jahr 1946 hat er als am längsten amtierender Monarch der Welt die Geschicke des Landes in einem kaum zu überschätzenden Maße geprägt. Auch wenn die genauen Hintergründe häufig undurchsichtig waren, zeichnete er sich in den häufigen politischen Krisen Thailands als Stabilitätsanker und nationale Integrationsfigur aus. Von den Thailändern wurde ihm als anerkannte Inkarnation Buddhas eine quasi-religiöse Verehrung zuteil.

Dies stellt die Frage, wie diese große Lücke in Zukunft gefüllt werden kann, zumal der Thronfolger Kronprinz Maha Vajiralongkorn in der Bevölkerung kaum über Rückhalt verfügt. Trotz einer gestiegenen Unsicherheit über die weitere Entwicklung des Landes erscheint es unwahrscheinlich, dass es in absehbarer Zeit zu größeren politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen kommen wird. Dafür spricht, dass die Militärregierung unter Premier Prayuth Chan-o-cha, die eine einjährige Staatstrauer angeordnet hat, die politische Macht fest im Griff hat und politische Meinungsäußerungen rigoros unterbindet. Schon bei der Machtübernahme des Militärs am 22. Mai 2014 wurde von Beobachtern vermutet, dass der Coup durchgeführt wurde, um Vorkehrungen für den nun eingetretenen Tag X zu treffen.

Auch der am 8. August bei einem Referendum bestätigte Entwurf für eine neue Verfassung lässt den Schluss zu, dass das Militär noch auf lange Zeit die Oberautorität beanspruchen und in den politischen Prozess eingreifen wird. Könighaus und Militär unterhalten traditionell eine symbiotische Beziehung. Es spricht derzeit einiges dafür, dass die für nächstes Jahr in Aussicht gestellten Wahlen verschoben werden. In ökonomischer Hinsicht wird es der Regierung noch schwerer fallen, die angestrebte Wiederbelebung der Wirtschaft nach Jahren mageren Wachstums zu erreichen. Vor allem dürfte sich das Geschäfts- und Konsumentenklima eintrüben, was angesichts der hohen Abhängigkeit der thailändischen Konjunktur vom Privatkonsum substanzielle Folgen haben wird.

Die Regierung dürfte versuchen, die öffentlichen Investitionen weiter zu erhöhen und ihren Entwicklungsplan zum Upgrading der Volkswirtschaft mit einem starken Schwerpunkt auf den Infrastrukturausbau zu beschleunigen. Da die tieferen Konfliktlinien, die der gesellschaftlichen Polarisierung zugrunde liegen, nach wie vor ungelöst sind, wird es mittel- und langfristig darauf ankommen, ein politisches System zu entwickeln, in dem die unterschiedlichen Interessen mit friedlichen und demokratischen Mitteln zum Ausgleich gebracht werden können. Nur dann wird es Thailand gelingen, den angestrebten Aufstieg zu einem Hochtechnologieland in Asien zu realisieren. Die Monarchie in Thailand wird auch weiterhin eine wichtige Stellung einnehmen – als primäre Legitimationsgrundlage des Systems wird sie aber nicht mehr zur Verfügung stehen.