BUSINESS & DIPLOMACY: Asien-Pazifik im Fokus

Der Ostasiatische Verein (OAV, German Asia-Pacific Business Association) fördert die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Ländern des Asien-Pazifik-Raumes und Deutschland. BUSINESS & DIPLOMACY sprach mit OAV-Geschäftsführerin Almut Rößner.

02.03.2020

Am 13. März 1900, einem Dienstag, trafen sich in Hamburg 16 hanseatische Kaufleute und Reeder, um einen neuen Verein ins Leben zu rufen. Er hatte zum Ziel, "für deutsche Interessen im östlichen Asien" einzutreten: der Ostasiatische Verein (OAV). "Heute haben wir mehr als 800 Mitglieder und sind Deutschlands größter Länderverein", berichtet Almut Rößner, seit Februar 2019 OAV-Geschäftsführerin. Der renommierte Verein ist einer von fünf Trägerverbänden des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft. OAV-Vorsitzender ist Hans-Georg Frey, Vorstandsvorsitzender der Jungheinrich AG, der das Amt 2014 vom früheren Deutsche Bank-Chef Jürgen Fitschen übernommen hat. Für wichtige Partnerländer sind eigene Regionalmanager tätig. Hamburg, das "Tor zur Welt", ist nach wie vor Sitz des Vereins.

Geschäftsführerin Almut Rößner treffe ich in Berlin, im "Zollpackhof" im Regierungsviertel, gegenüber vom Kanzleramt. Zwischen einem Besuch bei einem asiatischen Botschafter und einem Termin im Bundespräsidialamt hat sich die 43-jährige  Netzwerkerin Zeit für ein Gespräch mit BUSINESS & DIPLOMACY genommen. Mehr als 15 Jahre Berufserfahrung im Asiengeschäft bringt sie mit. Fast zehn Jahre davon hat Rößner in Vietnam gelebt und gearbeitet, zuletzt in Ho Chi Minh-Stadt als Geschäftsführerin der Europäischen Handelskammer, einer der größten Interessenverbände ausländischer Investoren in Vietnam und den Nachbarländern. Außer Deutsch, Englisch und Französisch spricht sie Indonesisch, Vietnamesisch und etwas Mandarin. Ihre Liebe zu Südostasien sei auf einer Weltreise nach dem Abitur geweckt worden, verrät die Geschäftsführerin, die auch dem OAV-Vorstand angehört. "Danach hat mich diese Region nie mehr losgelassen." Ihr Studium in Passau verband sie mit Auslandssemestern und Praktika in Vietnam, Indonesien und Australien.

Plattform zum Erfahrungstausch
Asien wächst dynamisch. Warum? "Die Bevölkerung ist jünger als bei uns, erfolgsorientiert, Bildung hat einen sehr hohen Stellenwert, oft ist der Leistungsdruck größer und es gibt eine wachsende konsumorientierte Mittelschicht", fasst Almut Rößner zusammen. Aus dem Wachstum ergeben sich gute Chancen für die deutsche Wirtschaft. Deshalb sei für die German Asia-Pacific Business Association, wie sich der OAV heute selbst nennt, die Förderung der Wirtschaftsbeziehungen mit der Region Asien-Pazifik so wichtig, betont die Geschäftsführerin. Insgesamt decke man 30 Länder ab. "Besonders eng arbeiten wir mit Ministerien, Behörden und Botschaften in Deutschland und den asiatisch-pazifischen Ländern und den Partnerorganisationen der deutschen Außenwirtschaftsförderung zusammen", erklärt Rößner. Die rund 500 Mitgliedsunternehmen, viele davon aus dem deutschen Mittelstand, profitieren von den exzellenten Verbindungen des OAV. Sowohl asienerfahrenen Unternehmern als auch Neueinsteigern bietet der Verein eine Plattform zum branchenübergreifenden Erfahrungsaustausch. Der OAV informiert sie mit dem vierteljährlich erscheinenden Mitgliedermagazin Insight Asia-Pacific und dem umfangreichen Wirtschaftshandbuch Asien-Pazifik über wirtschaftliche und politische Ereignisse in Asien. Zu den deutschlandweiten Veranstaltungen zählen Wirtschaftsforen mit Vertretern asiatischer Länder, bilaterale Wirtschaftstage und von OAV-Experten geleitete Delegations - und Markerkundungsreisen nach Asien.

Asieninteressierten Nachwuchsführungskräften steht das OAV Young Leaders Netzwerk offen. Die Young Leaders treffen sich zu eigenen Unternehmensbesuchen wie bei Porsche in Stuttgart, regelmäßigen Netzwerk-Events in ganz Deutschland und interessanten Orten in der Asien-Pazifik-Region. Die Arbeitsgruppe Infrastruktur kümmert sich um die Verbesserung der Infrastruktur in den asiatischen Ländern und fördert deutsche Unternehmensaktivitäten in diesem Bereich.

100 Jahre "Ostasiatisches Liebesmahl"
"Unsere wichtigste Veranstaltung und der Höhepunkt des Jahres ist das 'Ostasiatische Liebesmahl'", sagt die Geschäftsführerin. "Zur Schaffung und Erleichterung des geselligen Verkehrs unter den Mitgliedern und Besprechung der deutschen Interessen" wurde es im Jahr 1901 erstmals veranstaltet. Erster Ehrengast war Prinz Heinrich von Preußen, Bruder von Wilhelm II. Der OAV nahm dabei eine Tradition aus dem 19. Jahrhundert auf. Damals trafen sich „Asia hands“, in Asien lebende Vertreter der deutschen Kaufmannschaft regelmäßig zu Herrenessen. In der Zeit des Ostasien-Geschwaders der kaiserlichen Marine luden dessen Kommandanten bei Besuchen in den fernöstlichen Häfen die dortigen deutschen Kaufleute zu einem festlichen Dinner an Bord ein, dass nach preußischer Tradition Liebesmahl genannt wurde. Der Name geht auf eine frühchristliche Tradition zurück.
Heute zählt das Ostasiatische Liebesmahl, das traditionell im Frühjahr in Hamburg stattfindet, mit über 300 hochrangigen Gästen zu Deutschlands größten Asien-Veranstaltungen. Die Teilnehmer aus Wirtschaft, Politik und Diplomatie nutzen es zum internationalen Erfahrungsaustausch und zum Ausbau ihrer Kontakte. Jetzt stehe ein großes Jubiläum bevor, verrät OAV-Geschäftsführerin Almut Rößner. Am 27. März 2020 lädt der OAV zum 100. Ostasiatischen Liebesmahl ins Hamburger Rathaus ein. Hochrangige Gäste, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, haben ihr Kommen zugesagt. Am Vorabend wird es anlässlich des 120-jährigen Bestehens des OAV ein exklusives Konzert in der Elbphilharmonie geben.

Ein Bericht aus der Business & Diplomay von Frank Schüttig