Veranstaltungsrückblick: Was bringt Unternehmen das EU-Japan Economic Partnership Agreement?

Die deutsch-japanischen Beziehungen haben sich in den letzten Jahren auf politischer und wirtschaftlicher Ebene deutlich intensiviert. Neue Impulse für gemeinsames Wachstum werden insbesondere vom Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU (Economic Partnership Agreement, EPA) erwartet, welches am 1. Februar 2019 in Kraft getreten ist. Das EPA zwischen der EU und Japan gilt als das umfangreichste Freihandelsabkommen der EU und lässt den größten Wirtschaftsraum der Welt entstehen. Die Exporte aus der EU könnten sich durch das FTA um bis zu ein Drittel erhöhen.

03-04-2019

In der Veranstaltung „Was bringt Unternehmen das EU-Japan Economic Partnership Agreement?“ wurden die Chancen vorgestellt, welche die Ausweitung des Freihandels für deutsche Unternehmen mit Wirtschaftsaktivitäten in Japan bieten kann. Hierzu berichteten der deutsche Botschafter in Japan, Dr. Hans Carl von Werthern, der Delegierte der Deutschen Wirtschaft und Geschäftsführer der AHK Japan, Marcus Schürmann, der EU Policy Coordinator der Handelsbeziehungen zu Japan, Luis Portero, sowie Arne Olbrisch, Leiter Außenwirtschaftsrecht- und politik der Handelskammer Hamburg. Die Moderation der Veranstaltung erfolgte durch Dr. -Ing. Mathias Kammüller, CDO der Trumpf GmbH + Co. KG , Japanischer Honorarkonsul in Baden-Württemberg, sowie Mitglied des OAV-Präsidiums.

Der deutsche Botschafter in Tokyo betonte zunächst die exzellenten deutsch-japanischen Beziehungen, welche sich sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf politischer Ebene in den letzten Jahren erheblich intensiviert hätten. Zudem wies der Botschafter darauf hin, dass neben dem Freihandelsabkommen (EPA) auch ein strategisches Abkommen (SPA) zwischen der EU und Japan unterzeichnet wurde, welches die Zusammenarbeit in einer Vielzahl von Bereichen – wie Wissenschaft, Technologie und Innovation, Umwelt und Energie sowie  Klimawandel und Sicherheit – verstärken soll. Die politische Lage in Japan sei weiterhin durch Stabilität geprägt. Premierminister Abe hat die Chance, die längste Amtszeit in der Geschichte Japans auszuüben. Obwohl wichtige außen- und innenpolitische Fragen noch nicht abschließend geklärt seien und nicht alle Maßnahmen der Abenomics den gewünschten Erfolg gezeigt haben, genieße der Premierminister hohe Popularitätswerte. Zu den ungelösten Fragen zählten die Frage der entführten japanischen Staatsbürger durch Nordkorea in den 1970er und 80er Jahren, der territoriale Konflikt mit Russland, die angestrebte Verfassungsreform; zudem stoße der Wiedereinstieg in die Atomkraft mehrheitlich auf Ablehnung in der Bevölkerung.

Außenpolitisch seien Japans Beziehungen nach wie vor kompliziert. China ist der größte Handelspartner Japans, der wirtschaftliche Aufstieg des Landes sowie die Belt-and-Road-Initiative würden aber trotzdem noch immer mit Misstrauen betrachtet. Die Beziehungen befänden sich dennoch auf dem Weg der Besserung, so sollen zum Beispiel direkte Kommunikationskanäle zwischen den Regierungen eingerichtet werden. Auch die Beziehungen zu Südkorea seien durch die Kolonialgeschichte der beiden Staaten sowie die Kriegsverbrechen der Japaner immer noch stark vorbelastet. Vor allen Dingen der Beschluss des südkoreanischen Obersten Gerichtshofs, japanische Unternehmen zu Entschädigungszahlungen an ehemalige koreanische Zwangsarbeiter zu verpflichten, habe in Japan für Irritationen gesorgt. Die Beziehungen zu dem traditionell engen Partner USA seien nach der Auferlegung von Strafzöllen auf Stahlprodukte sowie weiteren Androhungen des US-Präsidenten Trump von Zöllen auf die Automobilausfuhren belastet. Aufgrund der großen wirtschaftlichen und militärischen Abhängigkeit Japans von den Vereinigten Staaten bemühe sich Japan jedoch, das Verhältnis zu verbessern. Trotz der „Männerfreundschaft“ zwischen Premierminister Abe und Präsident Putin habe das Verhältnis seit der Krim-Krise gelitten, auch durch die Beteiligung Japans an den Sanktionen gegen Russland.  

Marcus Schürmann berichtete anschließend über die wirtschaftliche Situation Japans und die Vorteile des Freihandelsabkommens aus der Perspektive der deutschen Wirtschaft vor Ort. Wie die Prognosen der EU sowie weitere Umfragen zeigen, bietet das EPA zwischen Japan und der EU ein beträchtliches Potential für den Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Ferner sei das Abkommen zwischen Japan und der EU vergleichsweise schnell zustande gekommen, auch um ein Signal gegen den weltweit grassierenden Protektionismus und Nationalismus zu setzen. Während der japanische Fokus bei den Verhandlungen insbesondere auf dem Abbau tarifärer Handelshemmnisse lag, konzentrierte sich die EU sich vor allem auf den Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse, dazu zählt auch der vereinfachte Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen. Für EU-Exporteure wird mit Einsparungen von bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr durch das Abkommen gerechnet. Weiterhin sollten sich deutsche Unternehmen auch mit Japan als strategischem Partner beschäftigen, v.a. im Hinblick auf die zunehmende Abhängigkeit von China. So investierte Japan in den letzten Jahren – je nach Jahr der Betrachtung – mehr in den Rest der Welt als China und Südkorea zusammen und viele Beispiele aus der Praxis belegen, dass Partnerschaften von deutschen und japanischen Unternehmen sehr erfolgreich auf Drittmärkten funktionieren können.

Luis Portero sprach als Repräsentant der EU-Kommission über die Vorteile des EPA mit Japan. Auch Herr Portero betonte den strategischen Aspekt des Abkommens sowie die Wertepartnerschaft zwischen der EU und Japan. Es entstünde durch das EPA ein hohes Maß an Handelsliberalisierung, in manchen Bereichen würden Zölle aber erst nach einer mehrjährigen Übergangsphase wegfallen. Die EU werde in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Zölle für 99 Prozent der Zolltarifpositionen beseitigen, Japan die Zölle für 97 Prozent der Zolltarifpositionen. Des Weiteren würden unter anderem die Standards für die Produktion von Autos in Japan an die der EU angepasst und Japan würde die Produktionsstandards, z.B. von europäischen Weinen, anerkennen. Sollte eine der Vertragsparteien von den Regulationen abweichen, so könnten die Zölle wieder eingeführt werden. In Zukunft solle auch der Handel mit Dienstleistungen vorangetrieben werden, welche im Zuge des EPA ebenfalls weitestgehend liberalisiert wurden. In Bezug auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen wies Herr Portero auf das Japan Centre for Industrial Cooperation hin, welches als Plattform für weitere Informationen zu öffentlichen Ausschreibungen dient.

Zuletzt sprach Arne Olbrisch über die praktische Anwendung sowie die rechtlichen Aspekte des Freihandelsabkommens sowie die zu berücksichtigenden Ursprungsregeln- und verfahren. Demnach sei z.B. die buchmäßige Trennung der Waren zulässig und die Nichtbehandlung dieser nicht von Nöten, solange die Waren unter zollamtlicher Beobachtung stünden. Die Prüfung, ob eine Ursprungsware vorliegt, läge in der Verantwortung des Einführers. Nähere Informationen zu den praktischen Hinweisen sowie die Inhalte der Präsentation finden Sie unter Downloads.

Weitere Informationen zum Handelsabkommen finden Sie auf der offiziellen Seite der Europäischen Kommission.